Gemüse Wissen Von Tomaten, Paradeiser und Liebesäpfeln

Rot, rund, prall und super gesund. Tomaten sind ganz klar eines unserer Sommer-Highlights. Sie schmecken gut, sehen super aus, aber was wir besonders an ihr lieben ist ihre Vielfalt - in Form, Farbe und vor allem im Geschmack. Weltweit gibt es mehrere Tausend verschiedene Tomatensorten, bei uns am Gemüsehof sind es heuer immerhin 20. Also lasst euch nicht vom tristen Einheitsbrei mancher Supermarkt-Regale abschrecken, kostet euch durch und findet eure eigene Lieblings-Paradeiser.

Das beliebteste Gemüse der Österreicher, die Tomate, ist streng genommen eine Beerenfrucht. Macht nichts, sie passen dennoch super ins Gemüseregal und aufs Salatbuffet. Vor allem im Sommer, wenn bei uns Hochsaison ist. Von Juli bis Oktober schmecken Tomaten nämlich auch nach Tomaten. Und für uns und alle anderen Bio-Bauern ist es natürlich auch selbstverständlich, dass Tomaten in der Erde wachsen. In konventionellen Glashäusern ist dies nicht immer der Fall. Daher gleich zu Beginn unser Tipp: Esst Tomaten in der Saison und kocht sie fürs restliche Jahr einfach ein. So gibt es keine Enttäuschungen im Geschmack und in der Qualität.

Doch die Tomate war bei uns nicht immer so beliebt. Als die ursprünglich tropische Wildpflanze, die aus den Anden stammt und bereits durch die Azteken kultiviert wurde, im Zuge des Columbian Exchange mit Christoph Kolumbus zu uns nach Europa kam, fristete sie ein Dasein als Zierpflanze und stand im Verruf giftig zu sein und liebestoll zu machen. Daher auch der Name Liebes- oder Paradiesapfel. Die Azteken nannten sie tumatle oder tomatle, aus Gründen der Einfachheit wurde daraus die Tomate. Während die Tomate bei uns erst nach dem Ersten Weltkrieg an Popularität gewann, wussten es die Italiener damals besser. Das älteste Rezept für neapolitanische Tomatensoße stammt aus dem Jahr 1692.

Ein bisschen Botanik

Obwohl die Tomate botanisch betrachtet eine Staude ist wird sie bei uns, sowohl im Erwerbsgemüsebau als auch daheim am Balkon, als einjährige Kultur geführt. Ihr lateinischer Name „Solanum lycopersicum L” Sie zählt zur Gattung der Nachtschattengewächse, ist also mit den Melanzani, der Paprika, der Chili, der Erdäpfel, der Physalis und der Tomatillo verwandt. Alle grünen Pflanzenteile inklusive des Stielansatzes enthalten das in hohen Mengen giftige Alkaloid Solanin, dass bei einer Überdosis zu Kopfschmerzen, Entzündungen und Nekrosen führen kann. Bei der Tomate lässt man also lieber die Finger von „Leaf to root“-Überlegungen. Ihre Stängel und Blätter sind mit Drüsenhaaren besetzt, die auch für den arteigenen Geruch der Tomate verantwortlich sind.

Die verschiedenen Sorten – die Tomate zeichnet eine enorme Vielfalt aus – unterscheiden sich in ihrem Wuchs, ihrer Form, ihrer Farbe, ihrer Größe, ihrem Gewicht und ihrem Geschmack. Denn die Tomate ist nicht nur rot und rund, sie ist knallgelb, hellgelb, orangerot, scharlachrot, rosa, violett, grün, oval, birnenförmig, länglich oder gar herzförmig. Bei unreifen Früchten unterscheidet man geflammte und ungeflammte Sorten. Ungeflammte Tomaten haben vor der Reife eine einheitliche, hellgrüne Farbe während geflammte Tomaten am Kelchende stets dunkler sind.

Die nachfolgende Klassifizierung gibt einen guten Überblick wie man diese unglaubliche Vielfalt am besten einteilt:

• Runde und hochrunde Tomaten: Hierbei handelt es sich um die am Markt dominierenden Sorten. Ihre Fruchtgröße liegt zwischen 40 und 75mm, ihr Gewicht variiert zwischen 50 und 100 g. Sie wird als knackig, säuerlich und saftig beschrieben und eignet sich besonders gut für Salate.

• Fleischtomaten oder gerippte Tomaten: Fleischtomaten sind größer und schwerer. Ihr Gewicht variiert in der Regel zwischen 100 und 250 g, nach oben sind kaum Grenzen gesetzt. Fleischtomaten sind unregelmäßig gerippt und weisen dickere Fruchtfleischwände sowie hohe Fruchtfleischanteile auf. Sie haben im Vergleich zu den runden Tomaten mehrere Fruchtkammern und nur wenige Samen. Sie gelten als schnittfester, ärmer an Fruchtsäure und weniger süß, dafür als besonders aromatisch. Fleischtomaten werden gerne für Suppen oder Soßen herangezogen.

• Kirsch-, Cherry- oder Cocktailtomaten: Cocktailtomaten kommen der Urform der Tomate am nächsten. Dabei handelt es sich um zumeist gleichmäßig runde, 1,5-2,5 cm große Sorten, die mittlerweile in vielen Farben, darunter rot, gelb, orange und violett erhältlich sind. Sie gelten hinsichtlich Saftigkeit und Süße als wohlschmeckend und aromatisch, haben eine gute Haltbarkeit und werden am besten roh genossen.

• Ovale, längliche, flaschen- oder birnenförmige Tomaten: Flaschentomaten sind dickfleischige und kernarme Sorten, die zumeist einen dichteren und niedrigeren Wuchs aufweisen. Sie zeichnen sich durch Süße sowie ein konzentriertes Aroma aus und eigenen sich besonders gut für den Rohverzehr und Salate. Sie werden manchmal auch als Eiertomaten bezeichnet und lassen sich gut schälen und konservieren. In diese Kategorie fallen auch die beliebten San Manzano Typen.

Wir stehen ja auf alte und seltene Sorten und auch wenn unsere Lieblingsparadeiser mittlerweile nicht mehr selten sind, haben wir sie dennoch zum Fressen gerne. Besonders empfehlen wir euch:

• Die gelbe Dattelwein: Diese kleine, gelbe, birnenförmige Frucht ist im vollreifen Zustand voll mit Aroma und Süße. Zuvor schmeckt sie ein wenig nach Olive. Sie eignet sich besonders gut, um sie direkt von der Staude zu naschen und ist bei Kindern sehr beliebt.

• Die Green Zebra: Diese grün-gelb gestreifte Tomate bleibt auch vollreif grün. Sie sind nicht besonders ertragreich und ihre dünne Schale platzt leicht auf, dafür schmecken sie besonders süß und fruchtig. Wir lieben sie im Tomatensalat.

• Die German Gold: Diese Fleischtomate im vollreifen Zustand ohne eine aufgeplatzte Schale zu ernten ist selbst für uns ein Ding der Unmöglichkeit. Sie ist goldgelb, manchmal bis zu einem halben Kilo schwer und ihr Fruchtfleisch ist orange marmoriert und in der Mitte rot geflammt. Sie zergeht förmlich auf der Zunge, besitzt nur geringe Säure und eine wunderbare Süße. Die German Gold ist übrigens Manuels Lieblingssorte, am Gemüsehof Voggeneder kultivieren wir sie deshalb auch ausschließlich für unseren Chef.

Vollgepackt mit Nährstoffen....

Doch nicht nur die Vielfalt der Tomate überzeugt, sondern auch ihr Inhalt.

Obwohl die Tomate überwiegend, also zu rund 94 Prozent aus Wasser besteht und eines der kalorienärmsten Gemüse ist (19 kcal je 100 g), ist sie super gesund und sorgt an heißen Sommertagen für Erfrischung am Teller. Neben dem wunderbaren Sekundären Pflanzenstoff Lycopin enthält sie auch noch jede Menge Mineralstoffe, zehn verschiedene Spurenelemente, drei Fruchtsäuren und zwölf Vitamine. Besondere Aufmerksamkeit verdient ihr hoher Gehalt an Vitamin C (20 mg je 100 g), vor allem wenn sie aus dem Freiland kommen, und ihr hoher Gehalt an Kalium (235 mg je 100 g). Paradeiser regen die Tätigkeit des Magens, der Bauchspeicheldrüse und der Leber an und gelten als appetitanregend, harntreibend und entwässernd. Zudem helfen Tomaten auch bei Verdauungsstörungen.

Viel spannender ist jedoch ihre zellschützende Wirkung durch das Lycopin. Lycopin zählt zur Gruppe der Carotinoide und ist in erster Linie dazu gedacht die Tomate selbst zu schützen. Es stärkt die Zellen in der Zellmembran und schützt die Organellen - sowohl bei der Tomate als auch beim Menschen. Der höchste Gehalt an Lycopin ist in vollreifen Früchten enthalten, verantwortet es doch auch die Farbe der Tomate. Bereits 100 g Paradeiser decken unseren Tagesbedarf.

Tipp: Je stärker die Tomate zerkleinert bzw. verarbeitet ist, desto besser kann unser Körper das Lycopin aufnehmen bzw. verwerten. Ein entscheidendes Argument, wenn Eltern wieder mal den Ketchup Konsum ihres Kindes beschränken wollen.

Tomaten enthalten jedoch auch Histamin, das Allergiereaktionen auslösen kann. Wer also an Histamin-Intoleranz leidet oder starke Neurodermitis hat sollte besser die Finger von Tomaten lassen.

... und Geschmack

Tomaten lassen sich vielseitig zubereiten - man kann sie backen, braten, dünsten, füllen, überbacken, grillen, rösten, sautieren, frittieren, pürieren, konfieren, einkochen, einlegen, trocknen, entsaften und natürlich auch roh genießen - im erhitzten Zustand verändert sich dann auch ihr Aromenspektrum ein wenig.

Der Geschmack der Tomate variiert je nach Sorte, Anbau, Klima und Qualität. Guten Tomaten ist aber eines gemein, nämlich ihr ausgewogenes Verhältnis von leichter Säure und angenehmer Süße. Doch neben Süße und Säure geht´s bei der Tomate auch um Umami. Der Umamigeschmack, der vor allem in lang gekochten Tomatensoßen für die herzhafte geschmackliche Tiefe verantwortlich zeichnet, ist dem Glutamatgehalt der Tomate geschuldet. Nur die Bitternoten, die bei Gemüse normalerweise eine wesentliche Rolle spielen, kommen bei Paradeisern nur sehr untergeordnet vor.

Ihr Flavor ist grün, fruchtig, süßlich-säuerlich und saftig. Zudem wirken Tomaten trigeminal leicht adstringierend. Ihr Duft ist ebenso abhängig von der Sorte, der Herkunft, dem Boden und dem Reifegrad. Werden Tomaten gekocht bzw. erwärmt bleiben die Aromen, mit Ausnahme einer Abschwächung der grünen Noten, weitgehend erhalten. Jedoch tritt der gekochte Gemüsecharakter, für den Dimethylsulfid verantwortlich zeichnet, in den Fokus. Bei starker Hitze - also bspw. beim Grillen - entstehen zusätzlich noch Karamellnoten. Auch in der Nase tut sich was, denn beim Erwärmen werden florale, zitrusartige Düfte intensiver.

Obwohl die Tomate in der Küche ein Tausendsassa ist gibt es Aromakombinationen die besonders gut harmonieren. Dazu zählen Kombinationen mit den botanischen Verwandten der Tomate - der Melanzani, der Paprika und der Chili - als auch Kombinationen mit Basilikum, Bohnen, Essig, Gurken, Käse (darunter vor allem mit Feta, Ziegenkäse, Parmesan und Mozzarella), (Oliven)Öl, Oregano, Petersilie, Salaten, Schnittlauch, Thymian, Zucchini und Zwiebel.

Richtig einkaufen und lagern

Obwohl Tomaten gut nachreifen, schmecken sie am besten, wenn sie Zeit haben um auf der Staude voll auszureifen. Leider passiert das bei Tomaten aus dem Supermarkt auch im Sommer viel zu selten. Obwohl die Farbe der Tomate mit der Sorte zusammenhängt, werden unreif geerntete Früchte nie besonders rot, also greift, abhängig von der Sorte am besten zu knallroten bzw. knallgelben oder knallgrünen Früchten. Grundsätzlich sollten Tomaten aber ganz, also nicht aufgeplatzt, fest, frisch und sauber sein.

Sind die Tomaten zu Hause angelangt, lagert sie niemals im Kühlschrank. Denn je kühler Tomaten gelagert werden, desto mehr Aroma büßen sie ein. Wir empfehlen also entweder frisch ernten oder nach Bedarf beim Gemüsebauern eures Vertrauens erwerben. Zudem verändert sich im Kühlschrank die Konsistenz der Tomate - sie wird mehlig. Paradeiser sondern auch das Reifegas Ethylen ab. Also lagert sie nicht unmittelbar in der Nähe von anderem Gemüse bzw. Obst, da dies ansonsten rascher verdirbt.

So kocht es sich leichter…

Jeder von uns hat schon mal Tomaten verspeist und mit ihnen gekocht. Dennoch gibt´s ein paar Tipps, die uns das Leben bzw. den Geschmack noch ein wenig mehr versüßen:

• Stielansatz wegschneiden: Dieser enthält im Gegensatz zur reifen Tomate noch Solanin, also besser großzügig entfernen.

• Stiel erst nach dem Waschen entfernen: Damit man den Geschmack der Tomate nicht verwässert.

• Verwende Wellenschliffmesser: Damit die feste, glatte, aber elastische Schale der Tomate nicht platzt verwendet ein Messer mit Wellenschliff. Ein Messer ohne Wellenschliff muss besonders gut geschliffen sein, um es mit der Tomatenschale aufnehmen zu können und um ohne zu viel Druck in die Schale einzudringen. Es gibt übrigens auch spezielle Tomatenmesser.

Unser Tomaten-Tipp: Tomaten anzubauen ist einfach. Wer jedoch zum ersten Mal Tomaten heranzieht sollte auf alte Sorten zurückgreifen. Diese sind nicht nur optisch ein Hingucker und schmecken auch besonders gut, sie sind in erster Linie robust und verzeihen Hobby-Gärtner viele Fehler.